Land mit KI - Land mit Zukunft?

Bild 1: BBS Uelzen Messestand didacta 2018 Bild 2: Eindrücke aus dem Projekt DigiHand

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Land schreibt Zukunft

Berufsbildende Schulen I Uelzen

29626 Uelzen, Niedersachsen

Im Rahmen einer Projektwerkstatt erarbeiten Schüler*innen der BBS Uelzen durch aktive Beteiligung, wie Künstliche Intelligenz (KI) die Lebensverhältnisse auf dem Land verbessern kann. Die im Projekt gewonnenen Erkenntnisse ermöglichen es Entscheidungsträger*innen, nachhaltig zu handeln.

Worum geht es?
Im Projekt „Land mit KI – Land mit Zukunft?“ werden die Entwicklungen der Künstlichen Intelligenz für Schüler*innen der Berufsbildenden Schulen Uelzen erfahrbar und im Kontext der Probleme des Landkreises als mögliche Lösungen diskutiert: Telemedizin im Kontext von Ärztemangel [SDG 3], individuelle eLearning-Angebote im Kontext begrenzter Bildungsangebote [SDG 4] sowie neue Mobilitätskonzepte im Kontext eines schlecht ausgebauten ÖPNV [SDG 9]. Anschließend erarbeiten die Schüler*innen kreativ, inwiefern KI-Technologien die Verbesserung der Lebensverhältnisse in ländlichen Kommunen befördern können [SDG 10]. Die aus diesen Ergebnissen generierten Handlungsempfehlungen sollen den Weg einer nachhaltigen Entwicklung am Beispiel der Region aufzeigen. Dazu wird folgende Methodik angewendet:

1. Meinungsbild der Jugendlichen:

Welche Defizite hat der Landkreis aus ihrer Sicht? Wie stehen Schüler*innen zu KI und was wissen sie schon? Diese Perspektive wird durch Fragebögen (N= 200) und Diskussionen vor Ort ermittelt und abgeglichen mit Interviews ländlicher Schlüsselakteur*innen (u.a. Landrat, Bildungsbüro; N= 10). Durch den Mix aus qualitativer und quantitativer Methodik entsteht ein tiefer Einblick in die Ausgangssituation und Potenziale im Landkreis.

2. Entwicklung von Lernstationen auf Basis der Befragung:

Die Lernstationen werden in Anlehnung an das erfolgreiche Projekt DigiHand konzipiert (vgl. www.digi-hand.de). Dazu wird das Thema Künstliche Intelligenz mit Hilfe einer Medienwand zunächst eingeführt und an Beispielen veranschaulicht. In weiteren vier Lernstationen, deren Schwerpunkte auf Grundlage des Meinungsbilds gesetzt werden, haben die Jugendlichen dann die Möglichkeit, verschiedene KI-Technologien kennenzulernen und auszuprobieren. Vielversprechende Themen für den ländlichen Raum sind:

a) Autonome Mobilität: Hin und zurück zur Disco ohne Risiko? Das eigene Auto besitzt bei den großen Entfernungen und dem schlecht ausgebauten ÖPNV im ländlichen Raum bislang eine besondere Bedeutung, um am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Innovative Mobilitätskonzepte (z.B. Carsharing & autonomes Fahren) bieten deshalb ein besonderes Potenzial für ländliche Regionen, beispielsweise in Form eines automatisierten Shuttleservice.

b) Digitale Infrastruktur: Drohnen-Lieferdienste und Ersatzteile aus dem 3D-Drucker: Der Onlinehandel wird schon heute insbesondere von der jüngeren Bevölkerung intensiv genutzt. Sind zukünftig Kleideranprobe im virtuellen Raum, Warenlieferung durch Drohnen und Ersatzteile aus dem 3D-Drucker Lösungen für Versorgungsdefizite?

c) Telemedizin: Lebensretter Smart Watch und Co? Medizinische Versorgung ist auf dem Land häufig ein Problem. Doch smarte Sensoren in Uhren ermöglichen es, drohende Herzinfarkte oder Schlaganfälle vorzeitig zu erkennen oder einen Sturz zu registrieren, um rechtzeitig einen Krankenwagen rufen zu können.

d) E-Learning: Privatunterricht durch KI: Der Zugang zu vielfältigen Bildungsangeboten ist auf dem Land häufig erschwert, wodurch das Potenzial zur Qualifikation von Fachkräften unausgeschöpft bleibt. Intelligentes E-Learning bietet echte Chancengleichheit durch räumliche Unabhängigkeit.

3. Durchführung der „Projektwerkstatt KI“ an der BBS Uelzen: Die Projektwerkstatt wird mit je 2-3 Schulklassen über 4 Schulstunden durchgeführt. Nach der Einführung ins Thema, setzen sich die Schüler*innen in Kleingruppen mit je einer Lernstation auseinander und reflektieren über deren Potenzial für den ländlichen Raum. Im zweiten Block entwickeln die Jugendlichen konkrete Anwendungsbeispiele und Zukunftsszenarien dieser Technologien und gestalten diese visuell aus (vgl. Social Mapping). An den Projektwerkstätten sollen 500 Schüler*innen teilnehmen. Weiterhin können die über 2000 Schüler*innen der BBS die Lernstationen auch außerhalb der Workshops nutzen.

4. Auswertung der Befragung und Berichterstellung: Wesentliche Ergebnisse des Workshops werden als konkrete Handlungsempfehlungen an regionale Schlüsselakteur*innen übergeben.
Was sind unsere Ziele?
Ein Ziel des Projekts „Land mit KI – Land mit Zukunft?“ ist die Bestimmung der Push- sowie möglicher Pull-Faktoren des Landkreises: In welchen Bereichen sehen die Bewohner*innen aktuelle Defizite sowie zukünftige Herausforderungen eines ländlichen Lebens (Push)? Welche KI-Angebote bieten Potenziale, um die Lebensverhältnisse anzugleichen und das Leben auf dem Land speziell für junge Menschen zukünftig attraktiver zu machen (Pull)?

Im Rahmen des Meinungsbildes durch einen Fragebogen sowie Diskussionen und Interviews mit relevanten Akteur*innen sollen zunächst die (Push-)Faktoren identifiziert werden, welche von der ländlichen Bevölkerung als nachteilig wahrgenommen werden. Ein erstes interessantes Ergebnis ist dabei insbesondere, inwiefern sich die Perspektive der jugendlichen Zielgruppe hinsichtlich bestehender Defizite des Landkreises mit der Sichtweise der regionalen Schlüsselakteur*innen deckt. Die Erkenntnisse dieser Erstbefragung fließen anschließend in die Themenauswahl und Konzeption der Lernstationen „Künstliche Intelligenz für den ländlichen Raum“ ein.

Durch die aktive Nutzung der Lernstationen sowie die begleitete Reflektion und kreative Diskussion innerhalb der Projektwerkstatt erlangen die Jugendlichen umfangreiches Wissen zu KI-Technologien. Sie können so deren Chancen hinsichtlich der Verbesserung ländlicher Lebensverhältnisse sowie deren Risiken und Nachhaltigkeitspotenziale abschätzen. Aus den von den Schüler/-innen entwickelten positiven Zukunftsszenarien für das Leben auf dem Land mit Künstlicher Intelligenz können potentielle (Pull-)Faktoren abgeleitet werden.

Der enge Dialog sowohl mit Schüler*innen als auch Entscheidungsträger*innen bietet einerseits die Möglichkeit, konkrete Handlungsempfehlungen zu erarbeiten, welche – gestützt durch die gesammelten Daten – den Herausforderungen des Landkreises Uelzen begegnen und Beiträge für eine nachhaltige Transformation des Landkreises leisten können. Andererseits sorgt dieser Dialog dafür, lokale Bindungen zu stärken und die Grundlage für einen stetigen Austausch innerhalb der Gemeinde zu schaffen.

Ein übergeordnetes Ziel des Pilotprojekts ist außerdem die Erprobung der Methodik, bei der auf die spezifischen Gegebenheiten einer Region eingegangen wird, um einen bedarfsgerechten Weg in die digitale Zukunft aufzeigen zu können.
Wer ist unsere Zielgruppe?
Erwachsene 19 – 69 Jahre,
Kinder/Jugendliche,
regionale Akteure
Wie ist das Projekt lokal und regional verankert?
Neben Basiswissen zu verschiedenen Anwendungen der Künstliche Intelligenz erlangen die Jugendlichen Kenntnisse über deren Chancen und Risiken hinsichtlich einer nachhaltigen Transformation ihrer ländlichen Region. Sie tragen dieses Wissen in Familie und Freundeskreis, aber auch in die Ausbildungsbetriebe sowie die regionale Gemeinde. Dadurch können die Potenziale verschiedener KI-Systeme in die Breite getragen und somit der Weg für eine nachhaltige Digitalisierung bereitet werden. Zudem wird die Projektwerkstatt fest in das Schulkonzept der BBS integriert und somit auch über den Projektzeitraum hinaus genutzt, wodurch noch größere Teilnehmendenzahlen erreicht werden.

Die im Rahmen der Projektwerkstatt erarbeiteten Zukunftsszenarien werden außerdem in Form einer Posterausstellung präsentiert, zu der auch die lokale Presse sowie Akteur*innen aus Bildung und Politik geladen werden. Zur Außenkommunikation dienen eine Projektwebseite sowie die Pressemitteilungen potentieller Veranstaltungsorte im Landkreis, welche zusätzlich mit Flyern und Postern beworben werden.

Die Unterstützung der relevanten lokalen Akteur*innen (u.a. Landrat, Bildungsbüro) ist bereits zugesagt, womit auch der Zugang zu weiteren Bildungseinrichtungen gesichert ist. So sprechen wir explizit die junge Generation an, welche die Transformation der Region tragen wird, aber auch die Schlüsselakteur*innen ,die jetzt die Weichen für eine nachhaltige Entwicklung der Region stellen. Durch die kontinuierliche und enge Zusammenarbeit über den gesamten Projektverlauf mit den wichtigsten Akteur*innen für gesellschaftlichen Wandel, ist eine starke, regionale Verankerung in der Zielregion gewährleistet. Die Ergebnisse können als Grundlage zur Entwicklung von Roadmaps für anschließende Projekte des Landkreises dienen, da diese die Zukunftsvisionen lokaler Jugendlicher im Zeitalter der Digitalisierung skizzieren.

Weiterhin kann das Konzept der KI-Projektwerkstatt als Blaupause für vergleichbare Vorhaben in anderen ländlich geprägten Regionen dienen. Die vorgeschlagene Methodik ist in der Lage, die spezifischen Bedürfnisse der jungen Bürger*innen unterschiedlicher Regionen mit ihren individuellen Herausforderungen zu erfassen und anschließend zu prüfen, inwiefern verschiedene KI-Technologien einen nachhaltigen Lösungsansatz darstellen. Die institutionelle Nähe des Projektpartners IZT zu Berlin 21 und der regionalen Netzstelle RENN.mitte bietet dabei die Möglichkeit, die gewonnenen Erkenntnisse des Projektes in die Breite zu tragen.
Worin liegt die Innovation unseres Projektes?
Obwohl die Fortschritte im Bereich der Künstlichen Intelligenz großes Medieninteresse generieren, ist der Ansatz Künstliche Intelligenz als Instrument zur Angleichung der Lebensverhältnisse zwischen Stadt und Land zu nutzen, bislang weder in Politik noch in Wissenschaft ein prominentes Thema. Während einige KI-Anwendungen für viele schon heute kaum wegzudenken sind, wird deren Bedeutung und Reichweite in naher Zukunft weiterhin rasant wachsen. Deshalb erscheint es sinnvoll oder sogar notwendig, dass Schüler*innen nicht nur über Basiswissen im Bereich der Digitalisierung und Künstlichen Intelligenz verfügen, sondern dieses auch mit Blick auf die eigene Lebensrealität sowie im Kontext einer nachhaltigen Entwicklung hinterfragen.

Das Thema KI wird in Wissenschaft und Medien häufig im Zusammenhang mit Begriffen wie Industrie 4.0 und Robotik diskutiert, während konkrete Chancen und Risiken der Digitalisierung für ländliche Regionen vergleichsweise wenig thematisiert werden. Die verglichen mit urbanen Regionen gegebenen Unterschiede hinsichtlich der Versorgungs- und IT-Infrastruktur kreieren dabei nicht nur unterschiedliche Bedürfnisse der Bevölkerung des ländlichen Raumes, sondern erfordern auch einen ganzheitlichen Ansatz zur regionalen Transformation. Durch Einbezug relevanter lokaler Akteur*innen aus Politik und Bildung lassen sich so konkrete und bedarfsgerechte Lösungen für den Landkreis erarbeiten. Die umfassende Betrachtung der Fragestellung durch ein interdisziplinäres Team aus Lehrer*innen (Politik, BWL, IT) und Wissenschaftler*innen (Medien-, Umwelt-, Zukunftsforschung) sichert die Gewinnung der entscheidenden Push- und Pull-Faktoren der Region.

Eine zentrale Besonderheit des Vorhabens liegt außerdem in der Partizipation der jungen Bevölkerung an einem wichtigen gesellschaftlichen Transformationsprozess. So können auch Schüler*innen, die noch nicht wahlberechtigt sind, ihre Probleme und Wünsche mitteilen und erhalten die Chance ihre Zukunftsvision eines guten Lebens im ländlichen Raum auszuformulieren. Allein der Prozess des generationsübergreifenden Gestaltens einer gemeinsamen Zukunft im Landkreis hat das Potenzial die lokale Bindung zu stärken und die Grundlage für einen lebhaften Dialog über eine regionale Transformation innerhalb der Gemeinde zu schaffen. Denn die These, dass junge Menschen die Zukunft sind, erscheint insbesondere im ländlichen Raum und im Kontext einer nachhaltigen Digitalisierung besonders viel Wahrheit zu tragen.
Wer sind wir?
Die Berufsbildenden Schulen (BBS) I Uelzen sind eine barrierefreie Umweltschule in Europa und ein Regionales Kompetenzzentrum für Berufliche Bildung für nachhaltige Entwicklung (BBNE). Leitbild, Organisationsstruktur und Schulprogramm wurden 2015 am Deutschen Nachhaltigkeitskodex ausgerichtet und befördern nachhaltiges Denken und Handeln bei den über 2000 Schüler*innen gewerblich-technischer und kaufmännischer Berufe.

Die BBS I Uelzen haben einen BNE/BBNE-Organisations- und -Aktionsplan erstellt. Zur Umsetzung das Aktionsplans und der darin aufgelisteten BNE/BBNE-Projekte wurde den Schüler*innen und Lehrkräften ein Leitfaden zur Verfügung gestellt, der Planung, Umsetzung und Evaluation der BNE/BBNE-Projekte verlässlich gewährleistet. Für ihre Arbeit wurden die BBS I Uelzen mit folgenden Preisen bedacht: Werkstatt N Preis des Rats für Nachhaltige Entwicklung (2016) sowie Auszeichnungen vom BMBF und der Deutschen UNESCO Kommission im Rahmen des Weltaktionsprogramms (2016 und 2018).
Laufzeit der Förderung
12 Monate
Höhe der Förderung
49 894,00 EUR

Nachhaltigkeitsziele

  • SDG 10: Ungleichheit in und zwischen Ländern verringern
  • SDG 3: Ein gesundes Leben für alle Menschen jeden Alters gewährleisten und ihr wohlergehen fördern
  • SDG 4: Inklusive, gleichberechtigte und hochwertige Bildung gewährleisten und Möglichkeiten Lebenslangen Lernens für alle fördern
  • SDG 9: Eine widerstands­fähige Infrastruktur auf­bauen, breiten­wirksame und nach­haltige Industriali­sierung fördern und Innova­tionen unter­stützen